+++EDIT: Am 21.09.2018 haben wir beim zuständigen Verwaltungsgericht Regensburg einen Eilantrag eingereicht, um die Chancengleichheit bei der Landtagswahl zu gewährleisten. Wir sind zuversichtlich und werden weiter berichten+++
Niederbayern/Deggendorf: V-Partei³ fordert Stimmzettel neu zu drucken!
„Hat eine Partei im gesamten Wahlkreis nur einen Stimmkreisbewerber und daneben keine weiteren Kandidaten aufgestellt (was rechtlich zulässig ist), dann erscheint im Stimmkreis dieses Bewerbers auf der Wahlkreisliste der entsprechenden Partei kein Bewerber. Der große Stimmzettel enthält in diesem Stimmkreis nur den Namen der betreffenden Partei; die Spalte darunter, in der üblicherweise ein einzelner Wahlkreisbewerber angekreuzt werden kann, bleibt leer. Will der Wähler einer solchen Partei seine Zweitstimme geben, hat er (nur) die Möglichkeit, den Wahlvorschlag der Partei als solchen zu kennzeichnen“ – endet ein Auszug der Pressemitteilung des Wahlleiters in Niederbayern.
Anlass dazu gibt es erstmals in der Geschichte einer Landtagswahl im Stimmkreis Deggendorf. Aus dem dort zugehörigen Osterhofen stammt der Stimmkreisbewerber Johannes Kiermaier. Da die gerade im Aufbau befindende V-Partei³ den Bezirksverband Niederbayern erst vor kurzem gegründet hatte, war aus gesetzlichen Gründen nur ein Stimmkreis von 9 mit einem Direktkandidaten zu belegen. Die Folge des Art. 37 Abs. 2, Halbsatz 2 LWG („in den Wahlkreislisten werden die Stimmkreisbewerber im eigenen Stimmkreis nicht aufgeführt“) versuchte die Pressestelle des Bezirkswahlleiters nüchtern darzustellen, man kann es aber auch deutlicher ausdrücken: Im Stimmkreis Deggendorf fehlt bei der V-Partei³ ein entscheidendes Merkmal auf dem Stimmzettel. Ein Kreis zum Ankreuzen!
Beim Bezirksvorsitzenden Jan Turner sorgt der Vorgang nur für Kopfschütteln: „Es macht doch keinen Sinn, wenn eine Partei gelistet wird, sie aber für den unbedarften Wähler offensichtlich nicht gewählt werden kann. Für die Wählerinnen und Wähler ist nicht nachvollziehbar, warum der Kreis zum Ankreuzen fehlt“. Obwohl die V-Partei in ganz Bayern zur Wahl antrete, fehle ausgerechnet auf den Stimmzetteln (Zweitstimme) von Deggendorf (Stimmkreis 201) die Möglichkeit zum Ankreuzen. „Auch wenn wir zu dieser Wahl von offiziellen Seiten wohl noch als bedeutungslose Randgruppe abgetan werden, wird sich das in den kommenden Jahren gravierend verändern“, so Turner, der auf die tolle Parteientwicklung der letzten Monate hinweist. „Wir stehen für Veränderung, mehr Demokratie, Transparenz und kämpfen gegen die antidemokratischen Seilschaften der noch dominierenden C-Partei. Über 1300 Personen haben uns dafür in Niederbayern ihre Unterstützungsunterschrift gegeben, das sollte von behördlicher Seite auch gewürdigt werden, das wäre demokratische Wertschätzung“.
Das Signal der aktuellen Stimmzettelgestaltung in Deggendorf ist eindeutig, und das nicht nur für die Erstwähler*innen: einer Partei ohne Kreis kann wohl keine Zweitstimme gegeben werden. Über den Grund des Fehlens des Kreises und entsprechende Reaktionsmöglichkeiten werden die Wählerinnen und Wähler im Unklaren gehalten. Es wäre richtig und möglich, auf den Stimmzetteln auf die Besonderheit hinzuweisen.
Verzerrung und Eingriff in die Chancengleichheit
Auch Bundesvorsitzender Roland Wegner aus Augsburg schaltete sich in den Fall ein. Seine Gespräche führten zu Informationen, dass selbst niederbayerische Verwaltungsmitarbeiter sich über das fehlende Ankreuzsymbol wunderten und hier eine Benachteiligung beim Wahlgang für nicht ausgeschlossen halten. Ihm wurde mitgeteilt, dass der Kreis vom zuständigen Ministerium genauso verhindert wurde, wie ein entsprechender erklärender Hinweis auf dem Stimmzettel.
Für Roland Wegner hat hier das Ministerium eine falsche Entscheidung getroffen: „Das Landeswahlgesetz (Art. 37) zeigt in Verbindung mit der Landeswahlordnung (§ 36) und der dazugehörenden Anlage 14 ein Muster, welches als gestalterisches Merkmal zum Ankreuzen ganz klar einen Kreis vorsieht. Fehlt nun aus besagtem Grund in einem Stimmkreis die Möglichkeit, einen Namen anzukreuzen, muss dieser Kreis eben in einer der für die V-Partei³ vorhandenen Spalten trotzdem vorhanden sein. Möglich wäre das etwa in der Kopfzeile. Da der Wahlkreisvorschlag der V-Partei³ mit der Nummer 1300 benannt ist, hätte aber auch allein dies hinter einem Kreiszeichen und einem entsprechendem Hinweis funktioniert. Eine Lücke im Gesetz darf nicht zum Nachteil einer Partei führen“, so Wegner, der beruflich selbst ein behördlicher Verwaltungsleiter ist.
„In Deggendorf müssen die Stimmzettel neu gedruckt werden!“
fordert Wegner. „Alternativ muss ein den Stimmzettel beizulegendes Hinweisblatt darüber aufklären, wie stattdessen die V-Partei³ gültig gewählt werden kann“. Die Folgen eines Unterlassens sind für ihn ansonsten klar: „Zum einen werden Wählerinnen und Wähler aus Verunsicherung lieber ihr Kreuz auf Nummer sicher (bei einem verfügbaren Kreis) setzen oder es führt zu kreativen Kenntlichmachungen, welche die Auszählteams vor die Frage stellen werden, ob überhaupt ein gültig gekennzeichneter Stimmzettel vorliegt. Beides wird das Ergebnis der V-Partei³ in Deggendorf beim Zweitstimmenergebnis im Vergleich zu allen anderen Stimmkreisen benachteiligen. Dies verzerrt und ist ein klarer Eingriff in die Chancengleichheit“, so der Parteigründer, der ungern von der Möglichkeit einer Wahlanfechtung Gebrauch machen möchte.
Die V-Partei³ tritt nach ihrem erst 2 1/2-jährigem Bestehen als eine von 12 Parteien in allen sieben bayerischen Bezirken zur Landtagswahl an. Hierfür mussten bayernweit 8.300 Unterstützungsschriften gesammelt werden, am Ende waren es für die V-Partei³ über 11.000. In Schwaben deckt die Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer alle 13 Stimmkreise mit Direktbewerbern ab, auch in Mittelfranken, Oberfranken, Oberbayern, Oberpfalz und Unterfranken gehen viele Direktkandidaten neben der Zweitstimmenliste ins Rennen.